Vergütungsstähle

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Mit technischer Perfektion zum idealen Werkstoff

 

Als regelmäßiger Leser unserer WE-Know-How-Artikel wissen Sie schon längst, dass Stahl nicht gleich Stahl ist. Weltweit existieren circa 3.500 genormte Stahlsorten, mit ihren individuellen Einsatzgebieten.

Besondere Beachtung verdient dabei die Gruppe der Vergütungsstähle, die ihren Namen – Sie ahnen es bereits – dem komplexen Prozess des Vergütens verdankt. Durch eben diesen Vorgang lassen sich wesentliche physikalische Eigenschaften der Werkstoffe, etwa ihre Härte, Zähigkeit oder die Zug- und Dauerfestigkeit, punktgenau anpassen.

Wie eine Vergütung im Detail funktioniert, warum die unterschiedlichen Materialeigenschaften so ausschlaggebend sind und welche Anwendung Vergütungsstahl in der Praxis findet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Der Weg zum Vergütungsstahl:

Härten und Anlassen

 

Grundsätzlich besteht der Vergütungsprozess aus zwei Arbeitsschritten, die auf den ersten Blick recht einfach erscheinen mögen. Bei näherer Betrachtung allerdings offenbart sich eine Vielzahl an Details, die einen wesentlichen Einfluss auf den erzeugten Werkstoff besitzen. Im Einzelnen besteht der Vorgang aus:

#1 Härten

Der Name lässt es bereits vermuten: Beim Härten eines Stahls wird das Gefüge des Metalls derartig verändert, dass sich seine mechanische Widerstandfähigkeit erhöht. Die Metallurgie kennt verschiedene Härtungsverfahren, bei einer Vergütung kommt allerdings fast immer die sogenannte Umwandlungshärtung zum Einsatz.

Einfach gesprochen wird Stahl bei einer Umwandlungshärtung zunächst auf 900 bis 1.000 °Celsius erwärmt, dann für einen bestimmten Zeitraum konstant auf dieser Temperatur gehalten (das Durchwärmen), um anschließend abgeschreckt zu werden.

Ziel der Erwärmung ist es, das Ferrit (α-Eisen) in ein Austenit (γ-Eisen) umzuwandeln, also den im Metall enthaltenen Kohlenstoff aus seinen kubischen Verbindungen zu lösen. Durch das sich anschließende schnelle Abkühlen gehen die Kohlenstoffatome dann wieder eine Verbindung ein. Diese ist nun allerdings nicht mehr kubisch, sondern – bildlich gesprochen – ineinander verzahnt und damit deutlich stabiler als im Ausgangsmaterial. Aus Austenit wird Martensit; der Stahl gewinnt an Härte.

Dabei ist die Umwandlungshärtung echte Präzisionsarbeit: Die Menge an gewonnenem Martensit hängt insbesondere von der Temperaturdifferenz vor und nach dem Abschrecken sowie der für den Vorgang benötigten Zeit ab. Entscheidend sind also unter anderem die Höhe der Durchwärmetemperatur und die Beschaffenheit des Abkühlmediums. Öl, Wasser oder Gase erzielen völlig unterschiedliche Ergebnisse.

Außerdem wichtig: die chemische Zusammensetzung des Ausgangsmaterials. Hinzulegierte Elemente können die Werkstoffeigenschaften maßgeblich beeinflussen; der ursprüngliche Kohlenstoffgehalt des Stahls, typischerweise zwischen 0,2 Prozent und 0,65 Prozent, ist ebenfalls ausschlaggebend.

#2 Anlassen

Anlassen bezeichnet ein erneutes Erwärmen des Stahls nach der Härtung. Diesmal allerdings ohne anschließendes Abschrecken und bei geringeren Temperaturen von 80 bis 550 °Celsius. Auch jetzt sind die gewählten Parameter für das Endergebnis entscheidend: Wie lange und bei welcherTemperatur angelassen wird und welche Elemente, wie etwa Chrom, Mangan, Nickel oder Molybdän, dem Ursprungsstahl hinzulegiert wurden, hat großen Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften des Endproduktes.

Denn Ziel des Anlassens ist immer eine weitere exakte Anpassung der Materialeigenschaften: Es erlaubt, die Härte eines Stahls nachträglich wieder zu reduzieren und in gleichem Zug seine Zähigkeit zu erhöhen.

Erst mit Hilfe dieses zweistufigen Prozesses ist es möglich, aus einem Ausgangswerkstoff flexibel und individuell einen Vergütungsstahl zu erzeugen, der zu 100 Prozent auf seinen Verwendungszweck zugeschnitten ist.

Härte vs. Zähigkeit

Was hat es damit auf sich?

 

Soviel Aufwand beim Härten, nur um den Stahl anschließend wieder weicher zu machen? Tatsächlich, denn Härte und Zähigkeit eines Materials stehen sich quasi diametral gegenüber, denn:

Härte ist der mechanische Widerstand, den ein Material dem Eindringen eines anderen Körpers entgegensetzt. Ein hartes Holz ist unempfindlich gegenüber Kratzern; ein harter Bohrkopf dringt mühelos in eine Betonmauerwand ein.

Zähigkeit dagegen ist die Widerstandsfähigkeit gegen Bruch oder Rissbildung und setzt sich aus Festigkeit (Beanspruchbarkeit durch mechanische Belastung vor einer Verformung) und Duktilität (Eigenschaft sich unter einer Scherbelastung vor einem Bruch zunächst zu verformen) zusammen. Ein Metalldraht sollte sich verbiegen lassen ohne zu brechen; die Stoßdämpfer eines Autos verformen sich bei jeder Bodenwelle.

Steigt die Härte eines Werkstoffes, nimmt seine Zähigkeit ab; gewinnt er an Zähigkeit, verliert er an Härte. Um einen Stahl also perfekt auf seinen Verwendungszweck zuzuschneiden, gilt es, die richtige Balance aus Härte und Zähigkeit zu finden:

Eine Klinge etwa sollte möglichst hart sein, denn ihr Verwendungszweck ist es, in andere Materialien einzudringen. Unter einem kräftigen Hammerschlag wird sie allerdings brechen. Der Achse eines Autos hingegen darf es an Zähigkeit nicht fehlen, sonst müssten Sie nach dem ersten Schlagloch mit einem Achsbruch in die Werkstatt.

 

Vergütungsstähle in der Praxis

Aufgrund dieser Vielseitigkeit und ihrer flexiblen physikalischen Eigenschaften kommen Vergütungsstähle regelmäßig in zahlreichen Branchen zum Einsatz. So werden unlegierte Vergütungsstähle unter anderem für Bauteile mit geringerer Belastung verwendet, während legierte Vergütungsstähle in dynamischen und statisch stark beanspruchten Teilen wie Flugzeugturbinen oder Zahnrädern im Maschinen- und Anlagenbau unverzichtbar sind.

Um Ihnen einen beispielhaften Überblick zu verschaffen:

Automobilindustrie

In der Automobilbranche werden legierte Vergütungsstähle wie AISI 4140 oder AISI 4340 für Blockzylinder, Industriearmaturen, Getriebezahnräder und Achsen eingesetzt, um die erforderliche Härte für den Antriebsstrang zu gewährleisten.

Luft- & Raumfahrt

Vergütungsstähle wie AISI 4340 finden Verwendung in Triebwerkskomponenten und Strukturbauteilen von Flugzeugen und Raumfahrzeugen. Diese Werkstoffe bieten eine hohe Belastbarkeit bei gleichzeitiger Gewichtseinsparung.

 

Maschinenbau

In der Herstellung von Maschinen und Anlagen werden Werkstoffe wie AISI SAE 6150 oder 4340 für Blockzylinder, Industriearmaturen, Getriebe, Ritzel und Zahnräder verwendet, um Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit sicherzustellen.

 

Medizintechnik

In der Medizintechnik werden rostfreie Vergütungsstähle wie AISI 316LVM oder AISI 631 für chirurgische Instrumente und Implantate verwendet. Diese Werkstoffe zeichnen sich durch Präzision und biokompatible Eigenschaften aus.

 

Ohne die Vielseitigkeit der Vergütungsstähle ist technologischer Vorsprung in Schlüsselindustrien also undenkbar, denn die Auswahl des richtigen Werkstoffs für jede Anwendung trägt maßgeblich dazu bei, Sicherheit, Leistung und Zuverlässigkeit in zahlreichen Branchen zu gewährleisten.

Die Materialprüfung

Der letzte allesentscheidende Schritt:

Die gleichbleibend hohe Qualität unserer Werkstoffe ist der Anspruch, den wir uns selber setzen. Gerade bei Vergütungsstählen, die an Orten zum Einsatz kommen, an denen ein Materialversagen nicht nur kostspielig werden kann, sondern sogar Menschenleben gefährdet, ist eine umfangreiche und gründliche Kontrolle unverzichtbar. 

Über unseren gesamten Produktionsprozess wacht deshalb vom ersten bis zum letzten Schritt unsere Qualitätssicherung. Unsere Vergütungsstähle werden zusätzlich in unserem Prüflabor intensiven Materialprüfungen unterzogen. Dazu gehören:

  • Die Härteprüfung:
  • Der Zugversuch
  • Der Kerbschlagbiegeversuch

Die Härteprüfung:

Die Härteprüfung ist definiert als "eine Prüfung zum Bestimmen des Widerstands, den ein Werkstoff der dauerhaften Verformung durch Eindringen eines härteren Eindringkörpers entgegensetzt". Hierbei kommen klassische Verfahren wie Brinell, Vickers und Rockwell zum Einsatz. Die Wahl des richtigen Verfahrens hängt von Faktoren wie dem Material, der Härte und der Art des Prüfstoffs ab.

Der Zugversuch

Im Zugversuch wird eine Werkstoffprobe gedehnt, bis sie reißt. Dabei werden wichtige Kennwerte wie die Streckgrenze, die Zugfestigkeit und die Bruchdehnung ermittelt. Die Zugfestigkeit bezeichnet die maximale mechanische Zugspannung, die eine Probe tragen kann, bevor sie versagt. Sie wird mithilfe eines Zugversuchs ermittelt und in Megapascal (MPa) oder Newton pro Quadratmillimeter (N/mm²) gemessen.

Der Kerbschlagbiegeversuch

Der Kerbschlagbiegeversuch dient zur Ermittlung der Zähigkeit einer Materialprobe. Dabei wird ein Probestift des zu untersuchenden Materials einseitig gekerbt und im temperierten Zustand getestet. Ein Pendelhammer trifft auf die ungekerbte Rückseite der Probe und zerschlägt sie. Die dabei ermittelte Kerbschlagarbeit W in Joule gibt Aufschluss über das Verformungsvermögen des Werkstoffs unter verschiedenen Beanspruchungsbedingungen.

Ungeprüft verlässt kein Vergütungsstahl unser Werk. Eine Order bei uns bedeutet für Sie damit absolute Zuverlässigkeit.

Individuelle Vergütungsstahl-Fertigung bei Walzwerke Einsal

Allerdings ist Zuverlässigkeit nur einer der Gründe, aus denen wir zu den führenden Anbietern von Vergütungsstählen gehören. Vor allem verstehen wir uns auf die Feinheiten dieser Werkstoffe. Unsere Expertise und die von uns eingesetzten modernsten Technologien erlauben es uns, Vergütungsstahl exakt nach Ihren Vorgaben herzustellen. Ob Ihr Werkstück besonders hart oder zäh werden soll, wir machen es möglich – bereits ab kleinsten Losgrößen.

Sollten Sie noch Fragen zu unseren Möglichkeiten rund um Vergütungsstähle haben, sich eine Beratung zu den Werkstoffen wünschen, die Ihrem Anforderungsprofil entsprechen oder direkt Ihre erste Order aufgeben wollen, nutzen Sie gerne unser Anfragetool. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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