Nummern und Normen

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Zahlenspiele: Was es mit Werkstoffnummern und Normen auf sich hat

Europa, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Industrialisierung kommt immer stärker ins Rollen, das Eisenbahnnetz wächst, Schiffe aus Holz werden zum Auslaufmodell, Dampfmaschinen zu einem alltäglichen Anblick.

Stahl ist der Motor dieser neuen Entwicklung. Als flexibler und widerstandsfähiger Werkstoff erlaubt er den Bau immer leistungsstärkerer Fabriken, tieferer Bergwerke, schnellerer Züge und Ozeandampfer. Doch schon längst ist Stahl nicht mehr gleich Stahl.

Schon vor 200 Jahren existieren unterschiedlichste Güteklassen des Werkstoffes, bedingt durch seine chemische Zusammensetzung und verschiedene Bearbeitungsverfahren, die etwa über seine Härte oder seine Korrosions- und Hitzebeständigkeit und damit seinen optimalen Einsatzzweck entscheiden. Das industrialisierte Europa droht den Überblick über seine Vielzahl an Stahlsorten zu verlieren, bis 1860 der Geheime Kommerzienrat Rudolf Haas auf den Plan tritt – ja, damals hatten die Titel noch Gewicht.

Dieser Mann ist es nämlich, der das Stahlinstitut VDEh gründet, die technisch-wissenschaftliche Gemeinschaftsorganisation der deutschen Stahlindustrie. Gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Normierung beginnt das Stahlinstitut, den Werkstoff zu klassifizieren und nach einer eindeutigen Nummer zu sortieren: der Werkstoffnummer.

Diese Werkstoffnummern besitzen auch heute noch ihre Gültigkeit und werden nach wie vor vom Stahlinstitut VDEh vergeben.

Wie sie zu lesen sind, möchten wir Ihnen gerne erläutern.

Werkstoffnummern: Fünf Ziffern, die den Stahl erklären

Nach den Vorschriften der Europäischen Normung ist die Werkstoffnummer eines Stahls in der Regel fünfstellig und verrät dem Eingeweihten eine Vielzahl an Informationen über seine Zusammensetzung und seine Materialeigenschaften. Zur besseren Lesbarkeit wird die erste Ziffer durch einen Punkt abgetrennt. Eine Werkstoffnummer für Stahl könnte also folgendermaßen aussehen:

1.2345

Dabei kommen der ersten Ziffer sowie der kombinierten zweiten und dritten, beziehungsweise der vierten und fünften Ziffer jeweils eine eigene Bedeutung zu. Im Detail funktioniert der Aufbau so:

1.2345

Die anführende Ziffer bezeichnet die Werkstoffhauptgruppe. Stähle tragen dabei immer die 1, Schwermetalle die 2 und Leichtmetalle die 3.

Wenn Sie also einen Blick in die Übersicht unserer Werkstoffe werfen, werden Sie sofort bemerken, dass die numerische Bezeichnung etwa unserer Edelbaustähle, Werkzeugstähle oder RSH-Stähle allesamt mit einer 1 beginnen.
Legierungen auf Basis des Schwermetalls Nickel tragen dagegen eine 2 am Anfang, eine Titanlegierung besitzt als Leichtmetall die führende Ziffer 3.

1.2345

Die nächsten beiden Ziffern stellen in Kombination die sogenannte Sortennummer des Werkstoffes dar und liefern Informationen über seine Reinheit, sein Einsatzgebiet oder besondere physikalische Eigenschaften.
So stehen die Ziffern 15 bis 18 etwa für Behälterstahl, die 20 bis 28 für Werkzeugstahl oder die 47 für hitzebeständigen Stahl.
Eine vollständige Übersicht aller Ziffernkombinationen haben wir weiter unten in einer separaten Tabelle für Sie zusammengestellt.

1.2345

Die letzten beiden Ziffern der Werkstoffnummer dienen als Zählnummer. Das bedeutet, sie liefern einen Hinweis darauf, um den wievielten Stahl, der in genau dieser Zusammensetzung hergestellt wurde, es sich handelt.
Sollte jemals der Fall eintreten, dass die Zählnummer den Wert 99 übersteigt, kann sie nach den derzeit geltenden Regeln um zwei Ziffern erweitert werden und sieht dann so aus: 1.2345(67).

1.2345.67

In älteren Publikationen und Werkstofflisten werden Sie manchmal noch auf zwei zusätzliche Ziffern stoßen, die durch einen weiteren Punkt von der Werkstoffnummer abgetrennt sind, die sogenannten Anhängezeichen.

Dabei beschreibt die sechste Ziffer das Stahlgewinnungsverfahren und die siebte Ziffer den Behandlungszustand des Werkstoffes. Die dazugehörige DIN-Norm wurde inzwischen allerdings zurückgezogen und selbst, als sie noch aktiv war, nur selten berücksichtigt.

 

Um Ihnen ein abschließendes Beispiel zu geben: Unser RSH-Stahl mit dem Namen X5CrNi18-10 trägt die Werkstoffnummer 1.4301. Daraus können Sie folgende Informationen auslesen:

1. Erste Ziffer (1): Es handelt sich um einen Werkstoff aus der Werkstoffhauptgruppe der Stähle.

2. Zweite und dritte Ziffer (43): Es ist ein nichtrostender Stahl mit einem Nickelanteil von mehr als 2,5 Prozent.

3. Vierte und fünfte Ziffer (01): Es ist der erste Stahl, der in dieser Zusammensetzung hergestellt wurde.

Gar nicht mal so kompliziert, aber ziemlich hilfreich, wenn Sie auf der Suche nach einem Stahl sind, der ganz bestimmte Materialeigenschaften erfüllen soll oder sich für einen besonderen Einsatzzweck eignet.

DIN und andere Normen: Was aus einem Werkstoff entsteht

Nun sind Werkstoffnummern zwar gut und schön, für uns als Weiterverarbeiter allerdings nur die halbe Miete. Schließlich produzieren wir keinen Rohstahl, sondern unterziehen diesen verschiedensten Umformungs-, Behandlungs- und Bearbeitungsverfahren, um dadurch unsere Vielzahl an Produkten herzustellen.

So entstehen in unserem Werk etwa Flach- oder Stabstähle, welche unterschiedlichste Merkmale hinsichtlich Güte und Einsatzzweck aufweisen und direkt weiterverarbeitet werden können – und wie es sich für einen Hochleistungswerkstoff gehört, sind unsere Produkte selbstverständlich genormt.

Warum? Weil aus unserem Stahl zum Beispiel Gebäude, Kraftwerksturbinen oder Flugzeuge gebaut werden und es dabei auf die unbedingte Einhaltung wesentlicher Toleranzwerte ankommt. Wir persönlich würden über keine Brücke fahren, die aus ungenormten Stahl errichtet wurde.

Altvertrauter Klassiker: DIN-Norm

Verantwortlich für die Normierung zeichnet sich dabei zunächst das Deutsche Institut für Normung, besser bekannt als DIN. Deshalb dürfen Sie übrigens auch ganz legitim von einer DIN-Norm sprechen, denn anders, als landläufig angenommen, steht DIN eben nicht für Deutsche Industrie Norm.

Der Name einer DIN-Norm setzt sich dabei immer aus der anführenden Bezeichnung DIN sowie einer bis zu sechsstelligen Zahl zusammen und kann so ziemlich alles regeln, was Sie sich vorstellen können. In DIN 16551 etwa werden die Eigenschaften von Briefhüllen vorgegeben, in DIN 5487 geht es um die Fourier-Transformation aus der Mathematik und DIN 67523 beschäftigt sich mit der Beleuchtung von Straßentunneln.

Zu den wichtigsten Normen in unserem Werk zählen für unseren Stabstahl zum Beispiel die DIN EN 10058 für warmgewalzte Flachstäbe aus Stahl, die DIN EN 10059 für warmgewalzte Vierkantstäbe aus Stahl und für unseren gezogenen Blankstahl die DIN EN 10278 für Blankstahlerzeugnisse.
Dort werden die wesentlichen mechanischen Eigenschaften und Abmessungen dieser Produkte vorgegeben; als etwa Nennmaße, Grenzabmaße und Formtoleranzen wie die Geradheit und die Abweichung von der Rechtwinkligkeit eines Stabstahles.

Europäischer Regulierungseifer: EN-Norm

Aber Moment mal! Wieso steht da plötzlich ein EN im Namen der Norm? Ganz einfach: Weil das Deutsche Institut für Normierung nicht die einzige Stelle ist, die Vorgaben macht, bevor sie ihre Freigabe erteilt und ihr Siegel verleiht. EN bezeichnet dabei die Europäischen Normen.

Diese werden von der Europäischen Union definiert; genauer gesagt von den drei europäischen Komitees für Standardisierung: dem Comié Européen de Normalisation (CEN), dem Comité Européen de Normalisation Électrotechnique (CENELEC) und dem European Telecommunications Standards Institute (ETSI).

Ein Produkt nach DIN EN 10059 erfüllt also nicht nur alle deutschen, sondern zeitgleich auch die europäischen Vorgaben. Allerdings ist das Ende der Fahnenstange damit noch nicht erreicht. Schließlich gehören zu unseren Kunden nicht nur Landsleute und europäische Nachbarn, sondern Unternehmen in der ganzen Welt. 

Internationale Maßvorgaben: ISO-Norm

Die ISO-Norm wird von der Internationalen Organisation für Normung mit Sitz in Brüssel vorgegeben und besitzt weltweite Anerkennung. Sogar extrem abgeschottete Staaten wie Nordkorea korrespondieren nach ISO.

Wenn Sie also ein Produkt nach ISO-Norm kaufen, können Sie von immer gleichen Eigenschaften ausgehen. Egal, ob es in Australien, Kanada oder Finnland hergestellt wurde.
Übrigens: ISO steht nicht als Kürzel für die Internationale Organisation für Normung, das würde weder auf Deutsch, Englisch oder Französisch Sinn ergeben. Der Name leitet sich vom griechischen Wort isos ab, was schlicht und ergreifend gleich bedeutet.

Jenseits des Atlantiks: ASME- und ASTM-Norm

Ganz am Ende der Normen-Liste sind wir allerdings immer noch nicht angelangt. Denn parallel zur Entwicklung des Deutschen Instituts für Normierung hatten jenseits des großen Teiches ein paar kluge Köpfe eine ähnliche Idee.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden in den USA die American Society of Mechanical Engineers (ASME) und die American Society for Testing and Materials (ASTM) aus der Taufe gehoben. Beide Verbände widmeten sich unter anderem der Einhaltung industrieller Standards, um so eine reibungslose Kolonisierung und Industrialisierung des gewaltigen Landes zu gewährleisten. Insbesondere der Bau der Bahnstrecke von der Ostküste bis nach Kalifornien war Auslöser für die Gründung der Vereinigungen.

Sowohl ASME als auch ASTM existieren noch heute und besitzen als Institute für Normierungen in vielen Ländern gerade auf dem amerikanischen Kontinent weiterhin große Bedeutung. Daher finden Sie bei vielen unserer Produkte zusätzlich auch die US-amerikanische Normierungsbezeichnung.

Hoch hinaus: AMS-Norm

Einen allerletzten Standard möchten wir Ihnen abschließend noch vorstellen. Denn wie Sie sich denken können, fällt es den großen nationalen und internationalen Normierungsstellen aufgrund der immer rasanter voranschreitenden technologischen Entwicklung mit jedem Jahr schwerer, sinnvolle Vorgaben zu machen.

Bestimmte Branchen benötigen Werkstoffe, die ganz besondere Anforderungen erfüllen müssen und die nur Fachleute auf ihrem jeweiligen Gebiet tatsächlich kennen – der durchschnittliche Diplomingenieur etwa wird sich zeitlebens nur wenig den Belastungen auseinandergesetzt haben, denen Materialien bei einem Stratosphärenflug ausgesetzt sind.

Deshalb sind im Laufe der Zeit immer mehr Organisationen entstanden, die sich auf die Normierungsarbeit ihrer jeweiligen Spezialgebiete konzentrieren. Der wichtigste Standard für uns ist dabei die Aerospace Material Specification (AMS) der Society of Automotive Engineers.

Hier dreht sich alles um die Spezifikationen für die Luft- und Raumfahrt. Ausschließlich Werkstoffe, die das AMS-Siegel tragen, werden von den großen Flugzeugbauern wie Airbus und Boeing oder Konzernen aus der Raumfahrt- und Sattelitentechnik verwendet. Wie streng die Vorgaben einer AMS-Norm sind, können Sie sich vermutlich vorstellen.

Dabei ist die AMS nur eine von zahlreichen Qualifikationen, die von einem Unternehmen eingehalten werden muss, bevor es als Zulieferer für die Luft- und Raumfahrttechnik zugelassen wird. Daneben gilt es etwa, dedizierte Herstellerzulassungen oder Werkstoffleistungsblätter zu beachten. Von daher existieren nur wenige Betriebe, die in der Lage sind, Werkstoffe für diese Branche zu produzieren. Dass wir dazuzählen, ist für uns daher eine ganz besondere Auszeichnung.

Stahl – Zukunftswerkstoff mit Vielfalt

Wenn Sie sich nun noch einmal einen Blick in unsere Werkstoffliste gestatten, dann sind die dort aufgeführten Werkstoffnummern vermutlich keine böhmischen Dörfer mehr, sondern ein hilfreicher Hinweis über Güte und Zusammensetzung unserer Stähle.

Gleichzeitig wissen Sie jetzt, was es mit den DIN-Normen unserer Produkte auf sich hat und dass wir uns der Einhaltung dieses hohen Qualitätsstandartes aufs strengste verpflichtet fühlen.

Denn erst durch die strikte Einhaltung dieser Vorgaben und die beständige Kontrolle unserer Produkte und Maschinen erhalten Sie als Kunde einen Werkstoff, der Ihren Anforderungen garantiert gerecht wird und den Sie bedenkenlos auch für das anspruchsvollste Projekt einsetzen können.

Über die genauen Inhalte der verschiedenen Normen informieren wir Sie auf Anfrage gerne.

Ihre Bestellung können Sie damit fast schon auf Profiniveau abgeben. Sollten Sie dennoch Fragen haben, steht unser Team Ihnen aber natürlich gerne zur Seite.

Was also können wir für Sie tun? Nehmen Sie einfach Kontakt auf, wir freuen uns auf Sie!

Jetzt Kontakt aufnehmen!

Sortennummer

Stahlsorte

00, 90

Stahl

01, 91

Allgemeiner Baustahl mit Rm<500 N mm−2

02, 92

Sonstiger Baustahl; nicht für Wärmebehandlung geeignet; mit Rm < 500 N mm−2

03, 93

Stahl mit  Kohlenstoff-Gehalt = <0,12 % oder Rm < 400 N mm−2

04, 94

Stahl mit Kohlenstoff -Gehalt = 0,12…0,25 % oder Rm=400…500 N mm−2

05, 95

Stahl mit Kohlenstoff -Gehalt = 0,25…0,55 % oder
Rm = 500…700 N mm−2

06, 96

Stahl mit Kohlenstoff-Gehalt ≥ 0,55 % oder Rm ≥ 700 N mm−2

07, 97

Stahl mit höherem Phosphor- oder Schwefel-Gehalt

10

Stahl mit besonderen physikalischen Eigenschaften

11

Bau-, Maschinenbau-, Behälterstahl mit Kohlenstoff-Gehalt < 0,5 %

12

Maschinenbaustahl mit Kohlenstoff-Gehalt ≥ 0,5 %

13

Bau-, Maschinenbau-, Behälterstahl mit besonderen Anforderungen

15…18

Behälterstahl

08, 98

Stahl mit besonderen physikalischen Eigenschaften

09, 99

Stahl für verschiedene Anwendungen

20…28

Werkzeugstahl

32, 33

Schnellarbeitsstahl

35

Wälzlagerstahl

36

Stahl mit besonderen magnetischen Eigenschaften

37

Stahl mit besonderen magnetischen Eigenschaften; mit Kobalt legiert

38

Stahl mit besonderen physikalischen Eigenschaften

39

Stahl mit besonderen physikalischen Eigenschaften; mit Nickel legiert

40

Nichtrostender Stahl mit < 2,5 % Nickel

41

Nichtrostender Stahl mit < 2,5 % Nickel; mit Molybdän

43

Nichtrostender Stahl mit ≥ 2,5 % Nickel

44

Nichtrostender Stahl mit ≥ 2,5 % Nickel; mit Molybdän

45

Nichtrostender Stahl mit Sonderzusätzen

46

Chemisch beständige und hochwarmfeste Nickel-Legierung

47

Hitzebeständiger Stahl

48

Hitzebeständiger Stahl mit ≥ 2,5 % Nickel

49

hochwarmfester Werkstoff

85

Nitrierstahl

87…89

Bau-, Maschinenbau-, Behälterstahl; hochfest und schweißgeeignet

50…84, 86

Bau-, Maschinenbau-, Behälterstahl nach Legierungselementen geordnet

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