Materialkunde

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Die Werkstoffe 1.4542, 1.4545 und 1.4548 in verschiedenen Auslagerungsstufen

 

Über 2.400 verschiedene Stahlsorten sind im Register europäischer Stähle gelistet. Jeder einzelne von ihnen besitzt unterschiedliche Materialeigenschaften und eignet sich damit für andere Einsatzzwecke.

Drei herausragende Sorten – die Stähle 1.4542, 1.4545 und 1.4548 – und ihre Eigenschaften möchten wir Ihnen in diesem Beitrag näherbringen. Weiterhin zeigen wir ihnen, wie sich diese Stähle mit Hilfe des Auslagerns weiter spezialisieren lassen und für welche Einsatzorte sie sich insbesondere eignen.

 

Hochleistungsstahl

1.4542, 1.4545 und 1.4548

 

Die martensitisch aushärtbaren, nichtrostenden Stähle 1.4542 (17-4PH), 1.4545 (15-5PH) und 1.4548 gehören zu den hochleistungsfähigen Edelstählen. Ihnen gemein ist ihre überragende Kombination aus sehr hoher Festigkeit und Härte, exzellenter Zähigkeit, Duktilität und hervorragender Korrosionsbeständigkeit.
Ihre Unterschiede liegen im Detail:

Stahl 1.4542

Der Stahl mit der Werkstoffnummer 1.4542 (17-4PH) ist ein martensitischer, rostfreier Chrom-Nickel- Kupfer-Niob-Stahl. Er erreicht nach einer Lösungsglühung und anschließender Ausscheidungshärtung eine sehr hohe Festigkeit von mindestens 1.310 MPa bei gleichzeitig guter Korrosionsbeständigkeit. Mit steigendem Alter nimmt die Festigkeit dieser Stahlsorte weiter zu – verantwortlich dafür sind intermetallische Ni3Cu-Phasen.

Stahl 1.4545

Beim 1.4545 (15-5PH) handelt es sich ebenfalls um eine Chrom-Nickel-Kupfer-Legierung, allerdings mit einer optimierten Legierungs­zusammensetzung, die auf Basis des 1.4542 entwickelt wurde. Im Vergleich zum 1.4542 beinhaltet der 1.4545 weniger Chrom, dafür mehr Nickel. Er bietet eine ausgezeichnete Kombination aus hoher Festigkeit, sehr guter Zähigkeit und Duktilität sowie exzellenter Korrosionsbeständigkeit.

Stahl 1.4548

Analytisch ist der 1.4548 mit dem 1.4542 vergleichbar – ihre Werkstoffnummern werden oft synonym verwendet. Aber natürlich gibt es einen Unterschied: Der 1.4548 wird ausschließlich im Werkstoffleistungsblatt der Luftfahrt beschrieben und muss immer umgeschmolzen sein, denn das führt zu einem höheren Reinheitsgrad des Stahls.

Auslagerung

Materialeigenschaften gezielt einstellen

Die relevanten Eigenschaften eines Werkstoffes lassen sich durch zusätzliche Arbeitsschritte weiter an sein Einsatzgebiet anpassen.

Zu den wichtigsten Verfahren gehört dabei eine Wärmebehandlung in Form der Auslagerung: Der Stahl wird einer genau berechneten Zeit lang einer exakten Temperatur ausgesetzt. Dadurch beschleunigt sich die Diffusion – also der Ausgleich von Konzentrationsunterschieden innerhalb des Metalls – und damit der Aufbau seiner kristallinen Struktur: Aus einem einphasigen Mischkristall wird durch die Bildung von Ausscheidungen eine zweiphasige Legierung.

Je nachdem, wie lange der Stahl welcher Temperatur ausgesetzt wurde, ändert sich das Verhältnis von Festigkeit und Duktilität des Materials. Dabei bezeichnet Festigkeit die Beanspruchbarkeit durch mechanische Belastung vor einer Verformung. Duktilität ist die Eigenschaft, sich unter einer Scherbelastung vor einem Bruch zunächst zu verformen. Zusammen bilden sie die Zähigkeit eines Werkstoffes. Dabei kann ein Material nicht gleichzeitig eine große Festigkeit und eine hohe Duktilität besitzen – die Eigenschaften stehen sich diametral gegenüber

Oder in aller Kürze: Mit Hilfe der Auslagerung können die mechanischen Eigenschaften eines Werkstoffes in einem weiten Bereich gezielt eingestellt werden.

Die gängigen Auslagerungsstufen für den 1.4542 sind:

  • H900: Höchstfestigkeitsbereich von Rm ab 1310 MPa, aber geringerer Duktilität (A mind. 10 %). Einsatz für hochbeanspruchte Bauteile.
  • H925: Etwas geringere Festigkeitswerte von Rm ab 1170 MPa, aber höhere Zähigkeit. Guter Kompromiss aus Festigkeit und Duktilität.
  • H1025: Mittlere Festigkeit von Rm 1070 MPa bei guter Duktilität (A min. 12 %). Vielseitig einsetzbar.
  • H1075: Etwas niedrigere Festigkeitswerte von Rm ab 1000 MPa, dafür höhere Dehnung (A min. 13 %).
  • H1100: Festigkeitswerte von Rm ab 965 MPa, gute Kombination aus Festigkeit und Zähigkeit (A min. 14 %).
  • H1150: Niedrigste Festigkeitswerte von Rm ab 930 MPa, aber höchste Duktilität (A min. 16%). Für Bauteile mit hohen Zähigkeitsanforderungen.

 

Lesetipp: Härte, Zähigkeit, Duktilität und Festigkeit praxisnah erklärt

Beachten Sie: Die Festigkeitswerte innerhalb der jeweiligen Auslagerungsstufe sind für die Werkstoffe 1.4545 und 1.4548 identisch zum Werkstoff 1.4542.

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Werkstoffnummern lesen und verstehen

 

Übrigens: Werkstoffnummern wie 1.4542 oder 1.4548 werden nicht einfach arbiträr vergeben,
sondern enthalten eine Vielzahl an Informationen. Wie sie zu lesen sind und was sich hinter den
Zahlen verbirgt, erklären wir Ihnen in einem eigenen Beitrag aus unserer WE Know-How Bibliothek.
An dieser Stelle daher nur in aller Kürze:

  • Die Ziffer vor dem Punkt steht für die Hauptgruppe des Werkstoffes; hier ist es die 1 für
    Baustahl mit Rm<500 N mm−2
  • Die zweite und dritte Ziffer enthalten als Sortennummer gemeinsam nähere Informationen
    zum Werkstoff selbst. 45 bedeutet nichtrostender Stahl mit Sonderzusätzen.
  • Die letzten beiden Ziffern bilden schließlich die fortlaufende Zählernummer. Je größer die
    Zahl, desto später wurde der Werkstoff entwickelt.

Einsatzgebiete von 1.4542, 1.4545 und 1.4548

Absolut vielfältig

Unsere drei vorgestellten Stahlsorten sind Werkstoffe, die sich nicht nur durch ihre flexible Kombination aus Festigkeit und Zähigkeit auszeichnen, sondern auch eine hervorragende Korrosionsbeständigkeit besitzen: Gegenüber vielen Chemikalien, Laugen, Säuren und Salzlösungen sind 1.4542, 1.4545 und 1.4548. hochgradig unempfindlich.

All dies macht diese Edelstähle zu bevorzugten Werkstoffen in anspruchsvollen Anwendungen, zum Beispiel:

Im Aerotech-Bereich

In der Luft- und Raumfahrtindustrie werden sie für hochbeanspruchte Strukturbauteile wie Fahrwerkskomponenten, Befestigungselemente und Triebwerksteile eingesetzt. Ihre hohe Festigkeit bei gleichzeitig guter Korrosionsbeständigkeit besitzt hier immense Bedeutung.

Im Operations-Saal

In der Medizintechnik finden sie Verwendung für chirurgische Instrumente. Ihre hervorragende Biokompatibilität, Korrosionsbeständigkeit gegenüber Körperflüssigkeiten und hohe Festigkeit machen sie zu idealen Werkstoffen für diese Anwendungen.

Lesetipp: Stahl in der Medizintechnik – keine Operation ohne unsere Werkstoffe

In Großlabor und Raffinerie

In der Chemie- und Petrochemieindustrie werden Rohrleitungen, Ventile, Pumpen und andere Anlagenkomponenten aus diesen Stählen gefertigt. Ihre Beständigkeit gegenüber aggressiven Chemikalien und Medien bei gleichzeitig hoher mechanischer Belastbarkeit ist hier entscheidend.

 

Auf hoher See und tief in der Erde

Im Offshore-Bereich und der Öl- und Gasförderung kommen sie beispielsweise für Bohrlochauskleidungen und Bohrgestänge zum Einsatz. Ihre Kombination aus Festigkeit, Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit gegenüber Meerwasser und Bohrspülungen ist in dieser rauen Umgebung unverzichtbar.

 

Weitere Anwendungsgebiete sind die Energietechnik, Automobilindustrie und der allgemeine Maschinenbau, wo diese Werkstoffe für hochbeanspruchte Bauteile wie Federn, Wellen oder Gehäuse verwendet werden.

Hochleistungs­materialien vom Spezialisten

 

Summa summarum: 1.4542, 1.4545 und 1.4548 sind drei Stähle, die höchsten Anforderungen in vielen Industrien genügen. Mittels des Auslagerns lassen sich ihre Festigkeit und Zähigkeit punktgenau anpassen; ihre Beständigkeit gegenüber aggressiven Milieus prädestiniert sie für den Einsatz an Schlüsselstellen, die großen Belastungen ausgesetzt sind.

Dabei sind diese drei Stahlsorten nur ein Bruchteil dessen, was wir Ihnen an Werkstoffen anbieten können. Wenn Sie sich einen vollständigen Überblick verschaffen möchten, werden Sie einfach einen Blick in unsere Werkstoffdatenbank.

 

Bei Fragen zu unseren Leistungen oder zur Aufnahme Ihrer Bestellung stehen wir Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.

 

 

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